Uwe #Tellkamp über seine Filmliebe im #F.A.Z.-Literaturforum: Das geheime Dossier

2023-02-15 15:17:30 By : Mr. chen li

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In der DDR war die Fernsehserie „Olsenbande“ Kult. Dänemark brachte uns als Kinder in Dresden zum Träumen. Eine Liebeserklärung und eine Spurensuche.

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D ie Olsenbande: Egon, Benny und Kjeld. Egon Olsen, der Kopf der Bande, hatte immer einen Plan. Zum Plan gehörten Utensilien wie hundert Gramm Erbsen, zwei Wollfussel, drei Himbeerbrausen, Knallfrösche, eine Häkelnadel. Benny, zuständig für alles Technische und fürs Benzin, war ein Tausendsassa mit Hut, gelben Socken und schwerer Kindheit. Kjeld trug Cordsakko und Turnschuhe, hatte immer eine zerschlissene Hebammentasche bei sich, war ängstlich, aber treu und verlässlich, stand unterm Pantoffel seiner Frau Yvonne und stellte das Hauptquartier der Olsenbande, eine Hinterhofwohnung in einem Problemviertel Kopenhagens. Die Serie, von Erik Balling und Henning Bahs geschaffen, umfasste vierzehn Filme, dreizehn zwischen 1968 und 1981 gedreht, der vierzehnte 1998. Im Westen war die Olsenbande nahezu unbekannt, bei den Deutschen Demokratischen Dänen des Ostens hingegen Kult. Sie ist es nun schon über mehrere Generationen geblieben.

Vor einigen Jahren stand ich in Albertslund vor dem Vridsløselille-Gefängnis. Es war meine erste Reise nach Kopenhagen. Ich blickte die Allee hinab, die heute Egon Olsens Vej heißt und mit der Straße aus den Filmen nur noch die vertraute Ansicht des Gefängnisses teilt. Hier also hatte Egon seine Zelle gehabt, den Ort, wo er die Winter verbrachte und seine Pläne austüftelte, die er, an schönen Sommertagen, nachdem er kurz die Luft geprüft und für angemessen befunden hatte, in kerzengerader Haltung Benny, Kjeld und dessen Sohn Børge entgegentrug. Sie schrien und hüpften, schwenkten Dannebrog-Fähnchen neben einem Chevrolet Bel Air; so war die Regel. War es ein kleiner Trost für die jetzigen Insassen, über den Egon Olsens Vej einzufahren? Machte es alles etwas leichter? Mir gefiel dieser humane Zug der Kopenhagener Behörden, der Sinn für Humor, den sie zeigten, indem sie gerade diesen Weg nach Egon Olsen benannten.

Ich fuhr in die Stadt zurück. Das Gefängnis lag weit außerhalb, es war ein gutes Stück Wegs bis zu meinem nächsten Ziel, dem Polizeipräsidium; ich wollte auf meiner Reise einige der Schauplätze der Olsenbande sehen. Ich ging durch Kopenhagen und dachte, während ich an den Segelschiffen im Nyhavn vorbeischlenderte, an das Vorortkino namens Park-Lichtspiele, in dem wir Jungs die Olsenbandenfilme gesehen oder eher: verschlungen hatten, mehrmals natürlich, denn nur so bemerkte man die Details. Auf den billigsten Plätzen, auf den Holzklappstühlen erste Reihe, mit bald schmerzenden Hintern und weit in den Nacken gereckten Köpfen hatten wir gesessen, nichts sollte uns entgehen, denn diese Filme waren ein Fenster in die verbotene Welt jenseits der Mauer.

Und während ich an unser Kino dachte, das längst nicht mehr existierte, an den Saal mit seiner bröckeligen Stuckdecke und den schadhaften Tulpenlampen an brauner Wandbespannung, ans Vestibül mit den Plakaten der Westernhelden und der italienischen Filmdiven, vermeinte ich den Bann wieder zu spüren, in den wir unlösbar gerieten, sobald die von Staub durchtanzte Lichtschneise der Meopta-Filmprojektoren das Dunkel durchstieß und uns Schatten auf die Leinwand warf, die schwarzweiße „Augenzeugen“-Wochenschau zunächst, Überbleibsel der Nachkriegszeit, dann die farbigen des Hauptfilms.

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